Braunschweig, 04.05.2021
Als Verein für sexuelle Emanzipation e.V. sind wir Träger des queeren Zentrums „Onkel Emma“. Dabei verbinden wir mit dem Begriff queer keinesfalls eine Vereinheitlichung. Vielmehr sehen wir in dem unscharfen Begriff eine Möglichkeit, uns mit all unseren verschiedenen Identitäten und den vielfältigen Arten, auf die wir unser Begehren begreifen und beschreiben, verbunden zu fühlen – etwas also, das uns bei all unserer Diversität gemein ist und worüber wir uns als queere Community verstehen können. Von und für diese Community wünschen wir uns die gegenseitige Anerkennung von unterschiedlichen Identitäten, Begehrensformen und jeweils spezifischen Diskriminierungserfahrungen sowie das gemeinsame Einstehen für den Schutz von allen, die zu unserer Community zählen.
Wir distanzieren uns daher ausdrücklich und entschieden von der trans*feindlichen Positionierung des diesjährigen Lesbenfrühlingstreffens (LFT).
Das Lesbenfrühlingstreffen findet seit 1974 nahezu jährlich in wechselnden deutschen Städten statt, geplant und ausgerichtet von jeweils einem neuen Organisationsteam. Bereits die Einladung zum diesjährigen LFT legte nah, dass trans* Frauen und trans* Lesben dieses Jahr nicht zu dem Kreis der auf dem Treffen Willkommenen zählen könnten. Ein Blick in das vollständige Programmheft lässt darüber hinaus eine klar trans*feindliche Ausrichtung des diesjährigen Lesbenfrühlingstreffens erkennen.
In mehreren Textbeiträgen wird trans* Menschen mit erschreckender Selbstverständlichkeit ihre Identität abgesprochen. Hierbei werden bekannte Narrative aufgerufen, die trans* Frauen als Bedrohung für cis Frauen und Lesben sowie als Eindringlinge in geschützte Räume konstruieren, während trans* Jungen und trans* Männer als angebliche Mädchen, Frauen oder Lesben gezeichnet werden, die auf Grund externen Drucks auf Irrwege gerieten und die es daher quasi zu retten oder zurückzugewinnen gelte.
Das Bedienen solcher trans*feindlichen Narrative kann dabei keinesfalls als Versehen betrachtet werden: So zeigen bisheriger Aktivismus, Publikationen und Vernetzungsstrukturen diverser beim LFT 2021 involvierter Personen einschlägig, welcherlei Positionen und längerfristigen politischen Ziele sich in der Gestaltung des diesjährigen Treffens niedergeschlagen haben.
Hierbei spielen nicht nur trans*feindliche Narrative und der Versuch des Ausschlusses von trans* Frauen aus geschützten Räumen für Frauen, Lesben oder Feminist*innen eine Rolle, sondern auch eine grundlegende Ablehnung von Konzepten wie etwa Geschlechtsidentität oder Gender. Unter den Involvierten des LFT 2021 finden sich Vertreterinnen, die die Affirmation „Trans* Frauen sind Frauen!“ als „Dogma“ bezeichnen, wie auch andere, die von „Genderideologie“ und „Indoktrinierung“ durch Queerfeminismus an Unis sprechen. Auch Verknüpfungen mit einschlägigen Organisationen sprechen für sich – so etwa mit der US-amerikanischen Women’s Liberation Front oder mit der LGB Alliance. Das Vorgehen, unter dem Vorwand der Schaffung eines geschützten Raumes für Frauen und Lesben nicht nur trans* Frauen und trans* Lesben auszuschließen, sondern dabei gleichzeitig – mit einem erschreckenden Gestus der Selbstverständlichkeit – trans* Menschen ihre Geschlechtsidentitäten abzusprechen, verurteilen wir entschieden. Die wissentliche Fremdzuschreibung von Geschlecht ist eine gewaltvolle Form von Diskriminierung und dass gerade trans* Menschen, die ohnehin bereits ungleich stark von Diskriminierung und Übergriffen betroffen sind, diese auch innerhalb der queeren Community erfahren, darf keinesfalls still hingenommen werden.